Erfolgreich Laufen: 7 Tipps einer Sportmedizinerin
Frau Dr. med. Anette Lorani ist Sportmedizinerin und selbst leidenschaftliche Läuferin. Sie behandelt laufbegeisterte Patienten, wenn es dann doch mal zu Verletzungen, Schmerzen oder Beschwerden gekommen ist. Im Interview mit GetSteps hat sie die wichtigsten Tipps für Laufanfänger, als auch für erfahrene Läufer, zusammengefasst.
Dr. Lorani – eine leidenschaftliche Läuferin
Woher kommt deine Leidenschaft fürs Laufen? Seit wann läufst du?
Ich habe mein Leben lang Sport getrieben, durch eine Kniegelenksverletzung und mehrere Operationen musste ich sehr lange pausieren. Im Rahmen der Rehabilitation habe ich dann schnelles Gehen auf dem Laufband trainiert. Als wir umzugsbedingt kein Fitness-Studio mehr in der Nähe hatten, ging es an die frische Luft zum „Walk and run“ mit langsamer Steigerung, bis ich dann irgendwann am ersten offiziellen 5 km und später 10 km Lauf teilgenommen habe. 2017 bin ich dann mehrere Halbmarathons gelaufen, und 2020 habe ich mich dann an meinen ersten Marathon gewagt, der allerdings nur virtuell möglich war.
Lauftraining, Lauftechniken & wie man Schmerzen vermeidet
Im weiteren Verlauf des Beitrags nennt uns Frau Dr. Lorani Tipps für ein optimales Lauftraining. So wirst du fit und schonst seine Gelenke.
Tipp 1: Wie sollte ein optimales Lauftraining aussehen?
Grundsätzlich sollte sich jede/r Laufinteressierte vom Hausarzt „grünes Licht“ für die sportliche Belastbarkeit geben lassen.
Das Lauftraining sollte mit Aufwärmübungen von 5 min begonnen werden, hierzu gehören beispielsweise Armschwünge, Hüftkreisen, Fußkreisen, „auf der Stelle“ laufen und Ausfallschritte. Danach sollten Laufanfänger mit „walk an run“ für je 1 Minute im Wechsel beginnen und das 5x wiederholen. Dieses dient vor allem der Aktivierung des Herz-Kreislaufsystems und der langsamen Gewöhnung der Muskeln an die Laufbelastung.
Abhängig vom subjektiven Wohlbefinden wird dann in den nächsten Trainings das Pensum langsam gesteigert, z.B. nach 2-3 Tagen erneutes „walk and run“ über je 2 Minuten mit 1 Minute Pause etc. Am Ende des Trainings stehen Kräftigungsübungen wie Liegestütze, Sit-ups, Cross-Fit-Übungen wie Squats, Burpees etc. und schließlich Dehnungsübungen.
Das „Lauf-ABC“ sollte wöchentlich an einem Trainingstag erfolgen, hier werden verschiedene Lauftechniken, Sprünge und koordinative Techniken erlernt.
Ganz wichtig ist, dass das Lauftraining durch Alternativtraining wie Balanceübungen, Radfahren, Schwimmen, Liegestützen, Sit-ups, Kniebeugen, Ausfallschritte, Yoga, Balanceübungen und Faszientraining ergänzt wird. Das beugt einerseits Verletzungen und Überlastungsschäden vor, und führt zudem zu einer effektiveren Körperhaltung beim Laufen. Ein Läufer sollte nicht nur laufen!
Tipps 2: Welche Lauftechniken gibt es und welche Vor- & Nachteile haben diese?
Beim Laufen gilt der Grundsatz: „Jeder läuft, wie er läuft“! Allerdings gibt es Möglichkeiten, den individuellen Laufstil und die Lauftechnik zu verbessern.
Abhängig vom Tempo und Gelände gibt es verschiedene Lauftechniken:
- Vorfußlauf: das Abstoßen und die Landung erfolgen nur auf dem Vorfuß. Diese Technik eignet sich bei schnellen Läufen und im Sprint sowie beim Bergauflaufen.
Nachteil: die Wadenmuskeln und die Plantarfaszie (Fußsohlensehne) werden stark belastet, wodurch es zu Beschwerden in der Achillessehne oder an der Plantarfaszie kommen kann.
- Fersenlauf: das Abstoßen erfolgt mehr oder weniger über den ganzen Fuß und die Landung erfolgt zuerst auf der Ferse.
Nachteil: dieser Laufstil führt zu einer erhöhten Stoßbelastung auf das Kniegelenk. Zudem neigen Fersenläufer zur Überpronation (vermehrte Belastung auf dem Fußinnenrand), welches zu Beschwerden des inneren Schienbeins führen kann. Außerdem erfolgt eine starke Belastung des Fersenbeins mit der daran ansetzenden Plantarfaszie, sodass auch hier Fußsohlenbeschwerden auftreten können.
3) Mittelfußlauf: bei diesem Laufstil erfolgen das Abstoßen und die Landung auf dem Mittelfuß „eine zusammengefaltete Zeitung passt hier noch unter die Ferse“. Dieser Laufstil ist am schonendsten für die Gelenke.
Tipp 3: Brauche ich spezielles Schuhwerk, wenn ich auf Asphalt joggen gehe?
Für das Laufen auf Asphalt ist es empfehlenswert, einen Laufschuh mit vermehrter Dämpfung zu tragen, da dieser Bodenbelag keine Rückfederung wie beispielsweise weicher Waldboden gibt. Das Laufen fühlt sich damit gleich dynamischer an und ist gelenkschonender.
Tipp 4: Was sind die häufigsten Ursachen für Beschwerden beim Laufen?
- Viele Laufbegeisterte gehen das Training zu forciert an und steigern den Leistungsumfang in kurzer Zeit (Trainingshäufigkeit pro Woche und Laufkilometer pro Woche).
- Es werden keine oder zu wenige Regenerationstage eingelegt, in denen beispielsweise Alternativtraining erfolgen könnte.
- Lauftechnikfehler führen zu Fehlbelastungen und werden nicht korrigiert
- Wettkampfdruck mit unrealistischen Zielvorstellungen führen zu Übertraining („Neujahrswette Marathon im Frühjahr“ ohne entsprechende Vorbereitung)
Tipp 5: Wie vermeidet man Überbelastung oder Fehlbelastung?
Alternativtraining:
Ein Läufer sollte nicht nur laufen, sondern vor allem auch Ganzkörpertraining zur Stabilisierung der Rumpfmuskeln (z. B. „Liegestütze“, Klimmzüge, „Sit-ups“) und Gesäßmuskeln durchführen. Dazu gehört auch regelmäßiges Fußmuskel-/Wadenmuskeltraining mit Einbeinstandübungen und Balanceübungen.
Sportarten ohne Stoßbelastung auf die Beine wie Radfahren, Schwimmen, Aquajogging fördern nicht nur die Kondition, sondern eignen sich hervorragend als Alternativtraining oder bei Überlastungsbeschwerden.
Lauftrainer:
Optimal ist das Training mit einem Lauftrainer, der sowohl den Laufstil überwacht als auch einen Trainingsplan erstellt und Anregungen für Alternativtraining geben kann.
Laufanalyse:
Bevor man sich Laufschuhe kauft, sollte eine Laufanalyse im Laufsportfachgeschäft oder bei einem Sportphysiotherapeuten erfolgen. Anhand des Ergebnisses wird dann der entsprechende Laufschuh (z.B. Neutral-, Pronations-, Dämpfungsschuh) empfohlen. Ambitionierte Läufer sollten grundsätzlich so viele Paar Laufschuhe besitzen, wie Lauftage pro Woche erfolgen, angepasst auch an die verschiedenen Distanzen. Hierdurch erhält die Fußmuskulatur nochmals einen besonderen Reiz.
Regenerationstage:
Jeder Trainingsplan sollte Erholungstage berücksichtigen, in denen entweder gar nicht gelaufen wird oder eine Alternativsportart wie Radfahren oder Schwimmen erfolgt. Nur so kann einer Überbelastung vorgebeugt werden.
Unterschiedliche Trainingsreize:
Das Training sollte abwechslungsreich gestaltet sein und unterschiedliche Intensitäten, Distanzen und Bodenbeschaffenheiten berücksichtigen. Hierzu zählen Tempoläufe, Fahrtspiele (wiederholte kurze Sprints während des Laufens), langsame längere Dauerläufe, Bergläufe, Waldläufe, Läufe auf einer Rasenfläche barfüßig, Läufe auf Asphalt.
Fehlbelastungen durch anatomische Besonderheiten wie z.B. Fußfehlstellungen, Beinachsenfehlstellungen, Beinverkürzung können nur durch das Verordnen von Einlagen behandelt werden. Hierzu ist ein Besuch beim Orthopäden/Sportmediziner unumgänglich.
Tipp 6: Können Einlagen Verletzungen vorbeugen und die sportliche Leistung steigern?
Einlagen schützen nicht vor Verletzungen, können aber das Auftreten von Fehlbelastungen verhindern, insbesondere in der Kombination mit Fußmuskeltraining. Zur Verletzungsprophylaxe gehört das Einhalten von Regenerationstagen, Alternativtraining und hauptsächlich Training der Fußmuskeln/ Balanceübungen im Einbeinstand.
Die sportliche Leistung kann nur durch regelmäßiges und abwechslungsreiches Training gesteigert werden. Einlagen sorgen aber zusammen mit dem angepassten Laufschuh für eine ideale Unterstützung der Füße und optimieren damit die Laufeffektivität.
Tipp 7: Welchen abschließenden Tipp hast du für Laufanfänger?
- Macht zuerst einen Gesundheitscheck beim Hausarzt/Kardiologen sowie eine sportorthopädische/sportphysiotherapeutische Vorstellung für Beratung zur Laufschuhwahl und ggf. Einlagenversorgung.
- Beginnt langsam mit dem Steigern der Trainingsumfänge und Intensität. Ideal ist die Begleitung durch einen Lauftrainer.
- Legt regelmäßige Regenerationstage ein (z. B. 2-3x/Woche), in denen dann Alternativtraining gemacht wird, z. B. Yoga, Balanceübungen, Liegestützen, Stabilisationstraining etc.
- Hört auf euren Körper, wenn sich Beschwerden beim oder nach dem Laufen einstellen.
- Das Laufen soll Spaß machen!